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Schon der Neandertaler litt unter dem Klimawandel

Wechselnde Klimaverhältnisse, Trockenheit und Dürre könnten wesentlich für das Aussterben des Neandertalers verantwortlich gewesen sein.

Klimadaten, die ein Team internationaler Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unter Kölner Beteiligung analysiert hat, können Aufschluss über das Aussterben des Neandertalers geben. Anhand isotopischer Variationen im Kohlenstoff und Sauerstoff von Kalkstalagmiten aus zwei rumänischen Höhlen können die Forscher und Forscherinnen die Klimageschichte Mitteleuropas erstmalig detailliert rekonstruieren. Die Daten deuten darauf hin, dass die Schwankungen des eiszeitlichen Klimas maßgeblichen Einfluss auf den Populationsrückgang der Neandertaler hatten. Erschienen ist die Studie in den „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS).
Das Klima zu Beginn der letzten Eiszeit war wechselhaft und geprägt von zahlreichen Kälteperioden. Während dieser Perioden, die einige Jahrhunderte bis zu tausend Jahren andauerten, fielen die Temperaturen um bis zu zehn Grad Celsius ab. Sie gingen mit erhöhter Trockenheit und zunehmender Ausbreitung einer Steppenlandschaft einher. Dies könnte dem Neandertaler zum Verhängnis geworden sein. Der Übergang vom Neandertaler zum modernen Menschen in Europa vollzog sich dann vor etwa 45 000 bis 40 0000 Jahren, beginnend entlang der Donau. Darauf deuten archäologische Funde hin, die zeitliche Lücken zwischen abgelagerten Artefakten der Neandertaler und denen der modernen Menschen in dieser Phase aufweisen.
„In der Analyse der Klimadaten stechen besonders zwei extreme Kälteperioden aus der Zeit um 44 000 und um 40 000 Jahre vor heute hervor. Die Erstere ist zeitgleich mit einer zeitlichen Ablagerungslücke zwischen Neandertalerartefakten und denen moderner Menschen im Donauraum, die zweite mit einer solchen Lücke im heutigen Frankreich“ sagt Professor Dr. Michael Staubwasser. Der Kölner Geologe war für den Sonderforschungsbereich 806 ‚Our Way to Europa‘ der Universitäten Köln und Bonn sowie der RWTH Aachen maßgeblich an der Studie beteiligt. „Die Daten weisen darauf hin, dass während dieser beiden Kälte- und Dürreperioden die Neandertalerpopulationen erheblich zurückgingen. Die weitgehend entvölkerten Gebiete besiedelte dann der moderne Mensch.“
Diese Tatsache legt nahe, dass die veränderten Umweltbedingungen und der ökologische Stress, die durch die jeweils knapp tausendjährigen Kälte- und Dürreperioden ausgelöst wurden, als Schrittmacher mehrerer Entvölkerungs- und Wiederbevölkerungszyklen in Europa fungierten. Unabhängige Hinweise attestieren den modernen Menschen eine breitere Nahrungsgrundlage in der sich ausbreitenden Steppenlandschaft. „So waren die modernen Menschen an die Bedingungen während der Kälte- und Dürreperioden in Europa besser angepasst, konnten überleben und sich ausbreiten, während Neandertaler nur vereinzelt ihre alten Lebensräume während des zwischenzeitlichen, wärmeren Intervalls wieder besiedeln konnten“ so Staubwasser.
Für wenige tausend Jahre lebten Neandertaler entlang des Nordrandes der Donauregion in geografischer Nähe zum modernen Menschen. Genetische Studien können sogar den Kontakt belegen. Die ersten modernen Menschen verschwanden jedoch nur wenige Jahrtausende später wieder. Nach der zweiten Kälteperiode, während der die Neandertaler von der Bildfläche verschwanden, kam es noch mindestens zwei Mal zu klimatisch bedingten Entvölkerungs- und Wiederbevölkerungszyklen in Europa. Die vorliegende Studie erlaubt es zum ersten Mal, die jüngsten Befunde der mehrfachen genetischen Umwälzung in Europas eiszeitlicher Bevölkerung mit der unstetigen klimatischen Entwicklung zum Beginn der letzten Eiszeit in Beziehung zu setzen.

 

Inhaltlicher Kontakt:       
Prof. Dr. Michael Staubwasser
+49 221 470-6153
m.staubwasser(at)uni-koeln.de


Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470-2356
j.voelkel(at)uni-koeln.de

 

Weitere Informationen:
www.sfb806.uni-koeln.de