Grigopyrgus n. gen.
Neue paläozoische Echinodermengattung ehrt früheren Mitarbeiter des Institutes
Wie wir erst jetzt erfahren haben, wird mit der Aufstellung der neuen paläozoischen Echinodermengattung Grigopyrgus Müller & Hahn 2017 unser langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Michael Grigo geehrt. Dr. Grigo verbrachte seine gesamte wissenschaftliche Karriere am früheren Lehrstuhl für Paläontologie unter Leitung von Prof. Dr. U. Jux, später in der AG Paläontologie und Historischen Geologie des Kölner Institut unter Leitung von Prof. Dr. H.-G. Herbig. Er schied im Jahr 2009 als Akademischer Oberrat krankheitsbedingt aus dem aktiven Dienst aus.
Echinodermen (Stachelhäuter) sind bereits seit dem Paläozoikum mit den heute noch lebenden Klassen der Crinoiden (Seelilien), Echiniden (Seeigel), Asterozoen (Seesterne), Ophiuren (Schlangensterne) und Holothurien (Seegurken oder Seewalzen) artenreich vom strandnahen Bereich bis in die Tiefsee vertreten. Der Tierstamm entstand bereits im Zug der kambrischen Explosion, zunächst mit fremdartigen, im Fossilbericht fast immer seltenen Formen, die als „Versuchstadien der Evolution“ damals noch weitgehend unbesiedelte ökologischen Nischen besetzten. Nur wenige dieser Gruppen überlebten das ältere Paläozoikum, darunter die Klassen der Blastoideen (Knospenstrahler) und Edrioasteroideen (Kissensterne), welche im jüngeren Paläozoikum, spätestens beim Massensterben an der Perm-Trias-Grenze verschwanden. Zu den Edrioasteroideen, einer Seeigel-ähnlichen, aber festgewachsenen Tiergruppe gehört Grigopyrgus. Er wurde von Grigo (1995) als neue Art von Agelacrinites aus dem Unterdevon (Siegenium) des nördlichen Westerwaldes beschrieben, aber nach dem Erkennen neuer morphologischer Merkmale, nämlich einer turmartigen Basis aus kleinen Skelettplättchen, aus dieser Gattung herausgelöst. Das Tier lebte auf Brachiopoden- oder Muschelschalen festgewachsen in einem tropischen, küstennahen Flachmeer in feinsandig-tonigen Sedimenten. Grigos Fund war der erste Nachweis von Edrioasteroideen in den Seifen-Schichten und der siebte Fund im Rheinischen Schiefergebirge seit mehr als 150 Jahren. Bis heute sind von Grigopyrgus nur die drei von ihm gefundenen Exemplare bekannt, obgleich Müller & Hahn in einer benachbarten Fundstelle der Fossillagerstätte „Seifen“ weitere Edrioasteroideen entdeckten und in einer Serie von Artikeln beschrieben.
Dr. Grigos Funde zeigen, dass trotz der mehr als 200 Jahre währenden Durchforschung des Rheinischen Schiefergebirges auch heute noch spektakuläre Entdeckungen gelingen können. Sie zeigen auch, welche detaillierte Beobachtungen nötig sind, um vom Fundstück zur Rekonstruktion eines Lebensbildes zu gelangen. Dies gelingt häufig unter Zuhilfenahme der Erkenntnisse von anderen Fossilien aus demselben Formenkreis. In diesem Zusammenhang soll auch herausgestellt werden, dass weitere frühere wissenschaftliche Mitarbeiter der Kölner Paläontologie wegbereitende Beiträge zu paläozoischen Echinodermen lieferten, so Dr. Elise Nardin (jetzt Université Paul Sabatier, Toulouse) zu altpaläozoischen Faunen, Dr. Jan Bohatý (jetzt Leiter der Paläontologischen Denkmalpflege in Hessen, Wiesbaden) zu mitteldevonischen Faunen insbesondere der Eifel sowie kürzlich unser Doktorand Joachim Pabst zu isolierten Skelettelementen ausgestorbener paläozoischer Echinodermengruppen sowie von Mikrocrinoiden, Ophiuren und Holothurien aus unterkarbonischen Tiefwassersedimenten Nordspaniens.
Literatur:
Grigo, M. (1995): Agelacrinites curvatus n. sp., ein Edrioasteroide (Echinodermata) aus Oberen Siegener Schichten des nördlichen Westerwaldes, Rheinisches Schiefergebirge. – Paläontologische Zeitschrift, 69 (1/2): 223–232.
Müller, P. & Hahn, G. (2010): Edrioasteroidea aus den Seifen-Schichten im Westerwald, Rheinisches Schiefergebirge (Unter-Devon, Deutschland), Teil 1. – Geologica et Palaeontologica, 43: 9-47.
Müller, P. & Hahn, G. (2017): Grigopyrgus n. gen. a new agelacrinitid edrioasteroid genus from the Lower Devonian of the Westerwald (Echinodermata, Rhenish Slate Mountains, Germany). – Mainzer geowissenschaftliche Mitteilungen, 45: 93–102.
Pabst, J. & Herbig, H.-G. (2020): An Upper Mississippian echinoderm microfauna from the Genicera Formation of northern León (Carboniferous, Cantabrian Mountains, N Spain). – Spanish Journal of Palaeontology, 35 (1): 47-75.
Inhaltlicher Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Georg Herbig
Institut für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln
E-Mail: herbig.paleontuni-koeln.de