skip to content

Plattentektonischer Kaltstart der Erde trotz laufender Standheizung

Obwohl die frühe Erde im Inneren deutlich heißer als heute war, starteten plattentektonische Prozesse erst sehr langsam / PNAS-Veröffentlichung

expand:
3.27 Milliarden Jahre altes Komatiit Gestein aus NW Australien mit diagnostischer Spinifex Textur. Der Begriff Spinifex verweist auf stengelige Kristallstrukturen im Gestein, welche in ihrer Erscheinung an das in Australien heimische Spinifex Gras erinnern (oben rechts im Bild). Die stengeligen Kristalle konnten sich in diesem Gestein nur ausbilden, weil es bei seiner Entstehung extrem heiß war. Das erhöhte Auftreten von Komatiit Gesteinen in der Frühphase der Erde ist ein Beleg für höhere Manteltemperaturen. (Foto: © Christian S. Marien)

Die beiden Kölner Wissenschaftler Jonas Tusch, PhD und Prof. Dr. Carsten Münker vom Institut für Geologie und Mineralogie haben herausgefunden, dass Mantelkonvektion, also die Durchmischung des fast 3000 km tief reichenden Erdmantels in der Frühphase unseres Planeten vor etwa 4,5 Milliarden Jahren, erstaunlich langsam vonstattenging und räumlich sehr begrenzt war. Diese Erkenntnis ist überraschend, da die Erde in den ersten hundert Millionen Jahren ihrer Entstehung sehr viel heißer als heute war und man daher in dieser Zeit eine schnellere Mantelkonvektion erwarten würde. Erst mit dem Einsetzen der sogenannten modernen Plattentektonik vor über 3 Milliarden Jahren kam es zu einer schnelleren Mantelkonvektion und damit zu einer vollständigen Durchmischung des ganzen Erdmantels, so die Schlussfolgerung des im Fachmagazin PNAS veröffentlichten Artikels „Convective isolation of Hadean mantle reservoirs through Archean time“.

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, untersuchten die Kölner Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen bis zu 3,5 Milliarden Jahre alte Gesteinsabfolgen aus dem Nordwesten Australiens, welche 800 Millionen Jahre der frühesten Erdgeschichte abdecken. Die Untersuchung dieser Gesteine ergab, dass die ältesten Proben kleine Anomalien in der Isotopenhäufigkeit des chemischen Elements Wolfram aufweisen, diese jedoch mit fortschreitender Zeit verschwinden. Der Ursprung dieser Anomalien, konkret die relative Häufigkeit des Isotops 182W, weist auf Inhomogenitäten im Erdmantel hin, die sich unmittelbar nach Entstehung der Erde vor über 4,5 Milliarden Jahren ausgebildet haben müssen. Dass die Wissenschaftler solche Anomalien in den 3,5 Milliarden alten Gesteinen aus dem Nordwesten Australiens gefunden haben belegt, dass im Erdmantel primäre Bereiche aus der Frühphase der Erde (Hadaikum) über weit mehr als eine Milliarde Jahre konserviert geblieben sind. Das ist sehr überraschend, weil man bislang dachte, dass Mantelkonvektion in der Frühzeit der Erde aufgrund noch höherer Temperaturen weit schneller ablief als heute. Interessanterweise verschwinden die gefundenen 182W Anomalien in Nord-West Australien vor ungefähr 3 Milliarden Jahren, also genau zu der Zeit, in welcher der Beginn moderner Plattentektonik vermutet wird. Das Einsetzen moderner Plattentektonik war eine Grundvoraussetzung dafür, dass auf der Erde größere Kontinente und eine sauerstoffreiche Atmosphäre entstehen konnten, letztlich die Voraussetzung zur Entstehung von komplexeren Lebensformen.

In den kargen Landschaften NW Australiens (im sog. Pilbara Kraton) untersuchten die Kölner Geologen Gesteine aus der Frühphase der Erde (Archaikum). (Foto: © Christian S. Marien)
Der Kölner Geologe Jonas Tusch bei der Probennahme. (Foto: © Christian S. Marien)

Inhaltlicher Kontakt:
Jonas Tusch
Institut für Geologie und Mineralogie
j.tuschSpamProtectionuni-koeln.de
+49 221 470-89864

Prof. Dr. Carsten Münker
Institut für Geologie und Mineralogie
+49 221 470-3198

Presse und Kommunikation:
Mathias Martin
+49 221 470-1705
m.martinSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Publikation:
„Convective isolation of Hadean mantle reservoirs through Archean time“

 

Verantwortlich: Dr. Patrick Honecker MBA – patrick.honeckerSpamProtectionuni-koeln.de