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Experimentelle Mineralphysik

Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Verhalten von Materialien bei hohen Drücken und/oder Temperaturen. Die Auswahl der Materialsysteme ist dabei meist durch einen geologischen Kontext motiviert, jedoch nicht darauf beschränkt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen strukturelle, physikalische und thermodynamische Eigenschaften von Kristallen (Mineralen), Schmelzen, Gläsern und wässrigen Fluiden sowie deren Wechselwirkung.

Die tiefste Bohrung der Welt erreicht mit 12 km Tiefe nur einen Bruchteil des Erdradius von 6371 km. Direkten Zugang haben wir also nur zu einem sehr kleinen Teil der Erde. Der Großteil der vorhandenen Informationen über das tiefe Erdinnere kommt von indirekten Methoden. Geophysiker, Geologen und Geochemiker haben auf dieser Basis viele Modelle über die Struktur und Zusammensetzung der Erde hervorgebracht. Um jedoch diese Modelle überprüfen oder  widersprüchliche Ergebnisse verstehen zu können, müssen wir die physikalische Eigenschaften von geologisch-relevanten Materialien bei den Druck- und Temperaturbedingungen des Erdinneren verstehen.
Diese extremen Bedingungen von bis zu 364 GPa (3.64 Millionen mal der Atmosphärendruck) und ca. 6000 °C im Erdzentrum sind sehr schwer experimentell zu erreichen, da nur wenige Materialien diese Bedingungen aushalten ohne zu brechen. Allein die große Härte von Diamant und anderen superharten Materialien macht es möglich, dass sehr kleine Probenmengen sehr hohen Drücken ausgesetzt werden können. Dabei wird die Probe zwischen 2 perfekt aufeinander ausgerichteten Diamanten in einer sogenannten Diamantstempelzelle zusammengedrückt und wenn benötigt, gleichzeitig mit Lasern oder über eine externe elektrische Heizung erhitzt. Die Probe kann dann je nach Fragestellung in-situ (während des Hochdruck-, Hochtemperaturexperiments) oder ex-situ (nach dem Experiment) mit unterschiedlichsten Methoden, wie Röntgenbeugung, Ramanspektroskopie oder auch Röntgenabsorptionsspektroskopie und Anderen untersucht werden.

Struktur von Silikatgläsern bei ultra-hohen Drücken

Die Untersuchung von Schmelzeigenschaften bei sehr hohen Drücken ist sehr schwierig, daher werden häufig Silikatgläser (schnell abgekühlte Silikatschmelzen) als Analogmaterialien verwendet, um ein erstes Verständnis der Veränderungen durch den Druck zu bekommen. Die physikalischen Eigenschaften von Schmelzen/Gläsern sind von großer Bedeutung für das Verständnis der Erdentwicklung und ihres heutigen Zustandes. Man geht mittlerweile davon aus, dass große Impakte während der Entstehung der Erde dazu geführt haben (z.B. beim Mondformenden Zusammenstoß), dass die komplette Erde geschmolzen war. Um die Prozesse zu dieser Zeit zu verstehen, brauchen wir ein Verständnis der Eigenschaften bei den Druck- und Temperaturbedingungen des Erdinneren. Silikatschmelzen spielen auch eine zentrale Rolle während den Vorgängen der rezenten Erde. Dies spiegelt sich sichtbar an der Oberfläche im Vulkanismus wieder, aber auch in der tiefen Erde werden Schmelzen z.B. an der Kern-Mantelgrenze (2891 km Tiefe) vermutet.


Im Speziellen untersuchen wir Strukturen und Dichten von Silikatgläsern mittels winkel-dispersiver Röntgenbeugung im System MgO-CaO-FeO-Al2O3-SiO2-GeO2 bis zu über 150 GPa. Technische Neuentwicklungen haben das Untersuchen von nicht-kristallinen Materialien wie Gläsern und Schmelzen bei diesen Drücken zum Ersten mal möglich gemacht, der vorherige Maximaldruck lag mit ca. 60 GPa deutlich darunter. Dadurch können nun Strukturinformationen von Silikatgläsern im gesamten Druckbereich des Erdmantels (bis zu 135 GPa) gewonnen werden. Dies liefert wichtige Informationen für das Verständnis der heutigen Erde und ihre zeitlichen Entwicklung.

Hydrothermalen Diamantstempelzellen

Die  hydrothermale Diamantstempelzelle (HDAC) wird für in-situ Experimente von Festkörpern und Flüssigkeiten unter hohen Temperatur- und  Druckbedingungen genutzt. Dabei können bis zu 2 GPa und 1000 K erreicht werden. Sie kommt in Kombination mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden zum Einsatz. Dazu zählen Raman, Brillouin-, Röntgenfluoreszenz- und Röntgenabsorptions-Spektroskopie sowie als auch die Röntgenbeugung. Dadurch können Eigenschaften wie Dichte, Viskosität, Löslichkeit, Komplexierung von Kationen in Lösungen und auch Phasenübergänge untersucht werden. 

Die von uns benutzte Zelle (Bassett-type) besteht aus zwei Teilen. Auf beiden Seiten befindet sich ein Wolframkarbidsitz, auf dem ein geschliffener Diamant geklebt ist. Die Messung der Probe erfolgt durch die Diamanten hindurch, welche glücklicherweise für die meisten Arten der Strahlung, die bei den oben genannten Untersuchungsmethoden zum Einsatz kommen, transparent sind. Das Heizen der Zelle während des  Experiments erfolgt durch Heizdrähte die um die Wolframkarbidsitz gewickelt sind. Die Temperaturmessung wird direkt an den Diamanten durch Thermoelement bestimmt. Durch das Heizen erhöht sich der Fluiddruck zwischen den Diamanten die über ein Metallring (Gasket) verbunden sind und damit auch der Druck, welcher mittels Drucksensoren, wie Cr-dotierte Rubine oder C13-Diamanten, gemessen wird

Aktuelle Forschungsgebiete der Arbeitsgruppe bei die HDAC zum Einsatz kommt sind Metall-Speziation unter hydrothermalen Bedingungen wie zum Beispiel Beryllium-Fluor komplexe.