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Neuer Indikator für den Sauerstoffgehalt in frühzeitlichen Ozeanen entwickelt

Geowissenschaftliches Forschungsteam unter Kölner Leitung kommt durch die Analyse der Wolframisotopie dem Aufspüren von Sauerstoff in der frühen Erdgeschichte einen entscheidenden Schritt näher / PNAS-Veröffentlichung
Mit dem Forschungsschiff Elisabeth Mann Borgese wurde Meerwasser aus der Ostsee beprobt. Die Geologen erhoffen sich aus der Bestimmung von Wolframisotopen in alten Sedimentproben Erkenntnisse über den Sauerstoffgehalt der frühen Ozeane. Bild: Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW)

Sauerstoff ist essenziell für die Entwicklung von höherem Leben. Er war in den Ozeanen der frühesten Erdgeschichte jedoch kaum vorhanden. Erst die Evolution Photosynthese betreibender Bakterien ermöglichte einen signifikanten Anstieg in der Sauerstoffkonzentration der Ozeane. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Wissenschaftlern des Instituts für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln hat nun den Grundstein gelegt, um mithilfe der Wolframisotopie die zeitliche Entwicklung der Sauerstoffkonzentration in frühzeitlichen Ozeanen präziser bestimmen zu können. Das erlaubt möglicherweise genauere Erkenntnisse über die Evolution des Lebens. In Kooperation mit Wissenschaftlern der ETH Zürich, der Universitäten Bern und Tübingen sowie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) haben die Geologen unter der Leitung von Dr. Florian Kurzweil von der Universität zu Köln das chemische Element Wolfram (englisch: tungsten), welches als Indikatorelement für Sauerstoff fungieren könnte, im heutigen Meerwasser genauer analysiert. Die Ergebnisse wurden in dem renommierten Journal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) unter dem Titel „Redox control on the tungsten isotope composition of seawater“ vorgestellt. Die Forschung ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Schwerpunktprogramms „Building a Habitable Earth“.

Wolfram ist nur in sehr geringen Mengen in den Ozeanen vorhanden, was die genaue Bestimmung seiner Konzentration erschwert. Noch schwieriger ist es, die Häufigkeiten einzelner Wolframisotope im Meerwasser zu bestimmen. Isotope eines Elements besitzen die gleiche Anzahl an Protonen, jedoch eine unterschiedliche Anzahl an Neutronen, sodass es schwere Wolframisotope mit vielen Neutronen und leichtere Wolframisotope mit weniger Neutronen gibt. Die analytischen Verfahren an der Universität zu Köln ermöglichen die zurzeit weltweit präzisesten Messungen von relativen Isotopenhäufigkeiten des Elements Wolframs.

In einem mehr als 400 Meter tiefen Becken in der Ostsee entnahm das Forschungsteam verschiedene Wasserproben, sowohl im sauerstoffreichen Oberflächenwasser als auch im sauerstoffdefizitären Tiefenwasser. Entlang der Grenze beider Wasserschichten bilden sich Oxid-Minerale, welche bevorzugt das leichte Wolfram binden. Das im Meerwasser zurückbleibende Wolfram wird dadurch relativ schwerer. Für die Bildung der Oxid-Minerale wird Sauerstoff benötigt, sodass die Sauerstoffkonzentration der Ozeane letztlich mit der Wolframisotopie des Meerwassers korreliert.

„Ansteigende Sauerstoffkonzentrationen in den Ozeanen der frühen Erdgeschichte müssten zur verstärkten Bildung der Oxid-Minerale und somit zu isotopisch schwererem marinen Wolfram geführt haben“, sagt Forschungsleiter Dr. Florian Kurzweil. Das Ziel der Kölner Wissenschaftler ist es nun zu zeigen, dass eine solche Entwicklung in marinen Sedimenten erhalten bleibt. Die Wolframisotopie der ältesten Sedimente der Erde könnte dann wie ein genetischer Fingerabdruck die Entwicklung der marinen Sauerstoffkonzentration im Laufe der Erdgeschichte abzeichnen.


Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Florian Kurzweil
Institut für Geologie und Mineralogie
+49 221 470 89864

Presse und Kommunikation:
Eva Schissler
e.schisslerSpamProtectionverw.uni-koeln.de
+49 221 470 4030

Zur Veröffentlichung:
https://doi.org/10.1073/pnas.2023544118